Viele Verbraucher/innen scheinen sich kaum ein Gedanke über die Situation von Sonntagsarbeitern/innen zu machen. Klar, in vielen öffentlichen Bereichen kommt man an Sonntagsarbeit nicht um. Das ist wohl berechtigt. Aber stellen Sie sich jetzt mal die Frage: falls Sie schon gestern nicht wussten, was Sie unter den Weihnachtsbaum stellen wollen, dann wissen Sie es an einem Sonntag auch noch nicht, oder!?
Die Stadtmarketing e. V. in Köln hat einen Eintrag für einen weiteren verkaufsoffenen Sonntag am dritten Advent bei der Verwaltung gestellt. Dieser wurde von der Stadtverwaltung als auch von Verdi abgelehnt. Die Initiatorin und Promotorin der verkaufsoffenen Sonntage ist die Geschäftsführerin der Stadtmarketing Frau Annett Polster.
Sie findet das schade für die Händler (siehe hier KSta). Für das Jahr 2017 hatte die vom Einzelhandelslobby unterstütze Stadtmarketing e. V. 37 verkaufsoffene Sonntage beantragt. Hannelore Bartscherer vom Katholikenausschuss macht deutlich, dass der Ausschuss es für einen Skandal hält, dass der ausdrückliche Wunsch der Bevölkerung nach Ruhe und Erholung so derart missachtet wird (siehe hier Kölner Rundschau). Der Grund für diesen verkaufsoffenen Sonntag am dritten Advent soll zusammen mit der Anuga hängen. Angeblich würden die 160.000 Besucher der Messe sich über geöffnete Ladengeschäfte freuen.
Muss diese aus den USA übernommene Konsummentalität wirklich sein? Zeit ist auch mal etwas anderes als nur Geld. Sich die Zeit für Familie, Kunst, Muse, Sport oder ganz einfach für die Ruhe nehmen, ist tausendmal mehr wert als nur für die Profitgier einzelner Konsumketten zu schuften.
Im 19. Jahrhundert hatten die Ladengeschäfte in Deutschland in der Zeit von 5 bis 23 Uhr am sieben Tagen auf. Eine Unverschämtheit! Im Laufe des sozialen Widerstands wurden die Ladenöffnungszeiten erst ab 1. Oktober 1900 gesetzlich geregelt. Bis auf Ausnahmen mit Sondergenehmigungen für Bäckereien und Kioske müssten Geschäfte an Sonntagen geschlossen bleiben.
Das erste für die Arbeitnehmer/innen freundliche Ladenöffnungszeitgesetz trat für neun Monate zwischen 1956 und 1957 in Kraft. Also von Montag bis Freitag 7 bis 18:30 Uhr und Samstag bis 14 Uhr. Sonntag galt generell als Ruhetag. Erst ab Ende der 1980er und Mitte der 1990er wurden die Ladenöffnungszeiten mehr und mehr zur Glorifizierung des Kapitalismus liberalisiert. In 1996 hatte die junge Union sogar für eine Abschaffung der Ladenöffnungszeiten geworben.
