Die Parteiprogramme unter der Lupe Teil 2

Wie schon im ersten Teil angekündigt, geht es jetzt weiter mit dem zweiten Teil der Artikelreihe über die Parteiprogramme und deren geheime Sprache. Zur Erinnerung ist am Sonntag 14. Mai 2017 Landtagswahl und am Sonntag 24. September 2017 Bundestagswahl.

Der Link zum Herunterladen des Grundsatzprogramms befindet sich am Ende je eines Artikels. Die Tabelle ist mit den wichtigsten Parteithemen aufgestellt. Entweder sind die Paragrafen oder die Seitennummer eingetragen.

Notensystem:
+++++ = Sehr gut (4,6 – 5,0)
++++ = Gut (3,6 – 4,5)
+++ = Befriedigend (2,6 – 3,5)
++ = Ausreichend (1,6 – 2,5)
+ = Mangelhaft bis ungenügend (1 – 1,5)

Zweites Teil: CDU* Grundsatzprogramm (2007), 123 Seiten – Note: 1,71 Ausreichend bis mangelhaft

Ausländer-/Bürgerrechte (Note: ++)
§ 26 spricht sich die CDU ganz eindeutig für die Einhaltung der Bürgerrechte aus und setzt sich für ein menschenwürdiges Leben ein. Warum werden dann Waffenverkäufe im großen Stil an Saudi-Arabien zugelassen? Auch beim Mindestlohn kann nicht mehr vom menschenwürdigen Leben die Rede sein. § 311 beschäftigt sich mit der Förderung einer gesunden Ausländerpolitik und ist mit einer Integrationspolitik verknüpft, die wiederum zu einer partnerschaftlichen Gesellschaft führen soll. Warum werden den Flüchtlingen nicht optimal und partnerschaftlich unterstützt? Mit der schwarzen Null sind die Mittel vorhanden, oder? Im § 167 sind die Verbraucherrechte als Bürgerrechte definiert. Warum wird dann Glyphosat sowie andere für die Gesundheit schädlichen Pestiziden nicht verboten? Eindeutig will die CDU keine staatliche Konsumlenkung. Na klar, die Lobbyisten sollten das schon mit der CDU regeln.

Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung (Note: ++)
§ 219: „Mit dem Volksaufstand vom 17. Juni 1953 und besonders mit der friedlichen Revolution von 1989 haben die Menschen in der ehemaligen DDR in Vertrauen auf Freiheit, Demokratie und soziale Marktwirtschaft…“ Die DDR war eine Art neoliberales Labor. Vergessen sollten wir nie, dass unser Wohlstand teilweise mit den billigen Fertigungsanlagen in der DDR zusammenhängt, die für großen westlichen Markenkonzerne tätig waren. Im § 225 geht es um die Stärkung der Bürgergesellschaft, die zum Wohl der Investoren benötigt wird. Also eine wirklich lakonische Bedeutung des Wortes freiheitlich-demokratische Gesellschaft. Und § 265 gibt den Menschenrechten einen schönen Glanz. Aber was sollten wir unter Selbstverantwortung in Verbindung mit Unternehmertum verstehen, das am Ende in eine Stiftung landet? Steuerhinterziehung mittels legaler Tricks? Zu diesem Thema lesen Sie bitte auch § 276.

Bildung (Note: ++)
Ab § 90 geht es um Bildungschance für alle. Nur stelle ich leider nicht fest, wie die CDU diese Chance finanzieren bzw. einhalten will. Sehr verwässert fühlen sich die Argumente im § 91 an. Und 94 plappert vor, dass freies, gerechtes und leistungsfähiges Bildungswesen jene Werte weitergeben und bewahren, auf denen Wohlstand und Sicherheit gründen. Konkret heiß das für mich, dass nur die Wohlhabende sich eine gute Bildung leisten können, die dann eine Wohlstandsicherheit für die Zukunft garantiert. Das nennt man: Fachbildung für wenige! Schon seit Anfang 1970 arbeitet Bertelsmann am Thema Privatisierung der Bildung. Wenn man den Zustand der schulischen Einrichtungen unter der Lupe nimmt, dann steht man vor einer katastrophalen Situation, weil jedes Jahr ein von Herrn Dr. Wolfgang Schäuble vorgeschrieben schwarzer Null Vorrang vor einer vernünftig mit Steuergeldern finanzierten Bildungsinfrastruktur hat. 

Sozial (Note: ++)
Das, was die Krankenversicherung angeht, man sollte zwar gut versichert, aber wie im § 186 erwähnt: „Eigenverantwortung, Vorsorge und Prävention müssen weiter gestärkt, Effizienz- und Wirtschaftlichkeitspotenziale ausgeschöpft sowie individuelle Wahlmöglichkeiten und Entscheidungsspielräume eröffnet werden.“ In Klartext heißt das wir für Gesundheit mehr aus unserer Tasche zahlen müssen. § 190 geht es um die Binsenweisheit des demografischen Wandels bei der Rentenfinanzierung. Angeblich stehen in der nahen Zukunft Arbeitende mehr Rentner gegenüber. Das stimmt nicht. Gemäß der letzten Statistiken lässt sich die umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung wohl finanzieren, indem man die Ungleichheiten bei den Steuereinnahmen beseitigt. Im § 193 wird der Ton zur mehr privat finanzierten Rentenversicherung schärfer.

Umwelt (Note: ++)
Ab § 235 zeichnet sich die CDU als umweltfreundlich und Förderer der erneuerbaren Energien. Warum wird dann die Kohlewirtschaft weiter betrieben? Insbesondere, wenn man weißt, dass diese Stromerzeugungsart für das Klima und für die Gesundheit höchst schädlich ist. Frau Angela Merkel und das Ziel der bis 2020 eine Million fahrenden Elektrofahrzeuge in Deutschland, bleibt heute wohl ein Märchen. Die CDU und sein Anreizsystem für Klimaschutz liest sich sehr gut im Programm, die Realität aber lässt nur zu wünschen übrig. Auch in den § 252 und 253 ff. geht es um Naturschutz und Artenvielfalt. Diese Thematik wird sehr gut angegangen, steht aber bei der Umsetzung voll und ganz auf der Strecke.

Verteidigung und Sicherheit (Note: +)
Sehr christlich hört sich das Verteidigungsprogramm überhaupt nicht an. „Im Gegenteil bekennt sich die CDU zu einer europäischen Verteidigung, einschließlich einer politischen und militärischen Beistandsverpflichtung komplementär zur NATO. Die Europäische Union muss daher über Möglichkeiten des eigenen militärischen Handelns verfügen können. Mit der Bundeswehr trägt Deutschland entscheidend zur Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik bei.“ So lautet das § 340. Und es geht weiter im § 359 mit: „Ein Konzept zu vernetzter Sicherheit ist die Bundeswehr ein unverzichtbares Instrument sowohl für die Landes- und Bündnisverteidigung unter neuen Vorzeichen als auch für internationale Krisenvorsorge und Krisenbewältigung im gesamten Einsatzspektrum.“ Und nicht zuletzt im § 361 geht es darum, dass wir uns zur Wehrpflicht bekennen. Sie hat sich unter wechselnden sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen bewährt und wird den sicherheitspolitischen Herausforderungen angepasst und entsprechend weiterentwickelt.

Finanzen und Wirtschaft (Note: +)
Im § 137 hört es sich schön an. Ja, die soziale Marktwirtschaft würde für alle mehr Wohlstand und Freiheit bieten. Die Frage ist: Was versteht die CDU unter „Alle“? Ganz bestimmt die Oberschicht, d. h. die zehn Prozent, die sich ohne Wenn und Aber auf Kosten der 90 Prozent ernähren? Beim Lesen des § 138 muss sich Ludwig Erhard ganz bestimmt in seinem Grab umdrehen, denn die CDU lehnt alle Forme des Kollektivismus und Sozialismus ab. Sehr christlich ist das! Jesus kann daraus ein Lied auf seinem Kreuz singen: „Always look at the bright side of life“. Eine leichte Kritik am Kapitalismus ist schneller gesagt als in die Tat umgesetzt. Und im § 158 auf dem Altar werden die Finanzjongleure glorifiziert. Also nach dem Motto mit Frieden, Freude und Eier kraulen, sollten sich 12 Millionen an der Armutsgrenze lebenden Menschen zufriedengeben.

Zusammenfassung:
Punkte (7/35): 1,71. Ausreichend bis mangelhaft, also mit großem Vorsicht zu genießen. Nie WIEDER wählen.

* Die CSU habe ich herausgelassen. Bis auf ein paar Unterschiede ist die Theorie fast ähnlich. Wenn diese Theorie in Praxis umgesetzt wird, dann findet sie hauptsächlich in Bayern eine zustimmende Gültigkeit.

Quelle: CDU Grundsatzprogramm

Und demnächst erfährst du im dritten Teil der Artikelreihe, wie wählbar die FDP ist. Bis bald!

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