Die Parteiprogramme unter der Lupe Teil 5

Im fünften Teil sind die Linke dran. Das Grundsatzprogramm der Linke hat vieles Potenzial. Es könnte mehr werden, nur, wenn die Linke sich mal die Mühe gäben, einen einheitlichen Diskurs innerhalb der Partei zu halten. Und außerhalb der Partei muss mit den altmodischen Wörtern „Sozial-Demokratie“ aufhören, denn das kommt bei den Wählern/innen nicht mehr so gut an. Einen wichtigen Termin steht noch bevor: am Sonntag, 24. September ist Bundestagswahl.

Der Link zum Herunterladen des Grundsatzprogramms (PDF) befindet am Ende je eines Artikels. Ich habe die Tabelle mit den wichtigsten entscheidenden Themen aufgestellt, die für eine demokratische Wahl unentbehrlich sind. Alle Nummer führen zu den passenden Paragrafen im jeweiligen Grundsatzprogramm. Bei Seitennummerierung allein sind die Seitennummer nach einem „S.“ eingetragen.

Notensystem:
+++++ = Sehr gut (4,6 – 5,0)
++++ = Gut (3,6 – 4,5)
+++ = Befriedigend (2,6 – 3,5)
++ = Ausreichend (1,6 – 2,5)
+ = Mangelhaft bis ungenügend (1 – 1,5)

Fünftes Teil: Die Linke Grundsatzprogramm (2011), 84 Seiten, Note: 4,57 Gut bis sehr gut

Ausländer-/Bürgerrechte (Note: +++++)
Der Begriff „Ausländer“ kommt im Grundsatzprogramm der Linke kein einziges Mal vor. Im Gegenteil, der Begriff „Bürgerrecht“ kommt schon im Präambel auf S. 7 und wird ganz großgeschrieben. Also eine partizipative Gesellschaft muss gefordert und gefördert werden. Auf S. 44 wird es noch deutlicher, insbesondere, wenn es um Sozialleistung geht. Weiter auf S. 49 mit der Stärkung der individuellen Bürgerrechte gibt die Linke ein solides Zeichen für die Einhaltung demokratischer Bürgerrechte.

Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung (Note: +++++)
Die Linke nutzen lieber das Wort Meinungsbildung, das selbstverständlich auch mit dem Wort Meinungsfreiheit gleichzustellen ist. Auf S. 24 steht „Staat und Wirtschaft starten immer neue Prozesse, um das Internet und die damit verbundenen Möglichkeiten für horizontale Kommunikation und Meinungsbildung einzuhegen und zu reglementieren.“ Wenn die Politik sich nicht mehr für seine Bürger/innen interessiert, kann das zur Parteiverdrossenheit führen, also eine Aushöhlung unserer Demokratie.

Auf S. 48 wird es eindeutig argumentiert, dass die Meinungsäußerungsfreiheit ein Grundrecht ist, ab dem Moment, dass dieses Recht die Menschenwürde nicht antastet. Diese muss auch als Stärkung der öffentlich-rechtlich Medien gesehen werden. Bezüglich der Gleichberechtigung (S. 9)  sind die Linke eindeutig und setzen sich für die Rechte der Frauen und für eine Veränderung der Geschlechterverhältnisse auch im Privaten ein. Auf S. 34 wird nochmals deutlich gemacht, dass die Gleichberechtigung aller Menschen im Grundgesetz fest verankert und einzuhalten ist.

Bildung (Note: ++++)
S. 4: Bildungschancen sollten nicht nur für die oberen Zehntausend zugänglich sein, sondern  für alle möglich bleiben. Auf S. 7 wird für eine gebührenfreie Bildung, Ausbildung und Weiterbildung plädiert. Es wird an die DDR Zeit erinnert, die nicht nur aus Massenüberwachung bestand, sondern aus einem Bildungssystem für alle. Mir ist klar, dass dieses System nicht unbedingt demokratisch funktionierte, denn vom Kind ab wurden die Menschen teilweise mit falschen Informationen indoktriniert. Und das geht nicht. Deshalb distanziere ich mich eindeutig zu der im Grundsatzprogramm erwähnte DDR Zeit.

Bei anderen Zeitgeschehen wie die Suffragetten (Frauenbewegung Anfang des 20. JH. in England – S. 19), die sich für das Recht auf Bildung für Frauen einsetzten, bin ich hiermit voll und ganz einig. Auf S. 21: Die neoliberale Politik hat eine Zweiklassen-Bildung geschaffen. Das Vorantreiben der Privatisierung der Bildung führt zu sozialen Unruhen und Klassenkampf. Bildung ist ein zentrales Thema bei den Linken und das ist sehr wichtig für eine Gesellschaft, die auf Emanzipation zusteuern will.

Sozial (Note: ++++)
Ganz am Programmanfang zeigt die Linke Parteifarbe: demokratische Sozialismus (S. 4). Das hat überhaupt nichts mehr mit Kommunismus zu tun, oder? Bis auf in einem Buch von Karl Marx wurde Kommunismus nie wirklich ausgelebt. Das ist eine Utopie, die unserer Spezi überhaupt nicht gewachsen ist. Teilen schon, aber ein bisschen Eigentum schadet nicht. Auf S. 6 wird der Sozialraub durch Lohnkürzungen und den Ausverkauf öffentlichen Eigentums ganz deutlich an den Pranger gestellt.

Ich habe nicht aufgezählt, wie viel Mal das Wort „sozial“ im Grundsatzprogramm der Linke vorkommt, aber das ist schon beeindruckend. Ob dann auf S. 12 die SED angeblich so sozial war, steht selbstverständlich auf einem anderen Blatt. In jeden Fall hat ein Großteil der Sympathisanten der Linke Partei gelernt, dass wir aus den Fehlern der Vergangenheit lernen müssen, um sozialer bzw. menschenwürdiger zu werden.

Umwelt (Note: +++++)
Schon auf S. 6 geht es los mit einem umweltbewahrenden Wirtschaft und Leben. Ein sehr gutes Beispiel wird auf S. 25 geliefert: Der Erwerb von Emissionsrechten durch die Verursacher von Treibhausgasen in den Industrieländern von den Entwicklungsländern ist ein zynisches Tauschgeschäft von Umweltverschmutzung gegen Armut. Und nicht zuletzt auf S. 40 machen die Linke deutlich, dass sie sich für eine umweltschonende landwirtschaftliche Erzeugung starkmachen, die frei von Gentechnik bleibt.

Verteidigung und Sicherheit (Note: +++++)
Lassen sich die Linke als friedlich einschätzen? Ich glaube schon, weil das Wort „Verteidigung“ im ganzen Programm nur zwei Mal vorkommt. Also ein Mal auf Seite 66 und noch ein anderes auf Seite 70. Und bezüglich des Wortes „Sicherheit“ kommt es öfter vor, aber im Verhältnis zu einer sozialen Sicherheit. Dennoch in der Form einer Zusammenarbeit von Polizei- und Sicherheitsdienste (S. 66) stehen die Linke ganz eindeutig dagegen. Und auf S. 69 ist die NATO abzuschaffen und ihre Ersetzung durch ein kollektives Sicherheitssystem durchzusetzen.

Bei der Bekämpfung der Kriminalität müssen Sicherheit und Freiheit garantiert werden. Die Theorie ist schön, die Umsetzung um so schwieriger, denn der Mensch muss zuerst lernen, seinen Jagd- und Sammeltrieb herabzusetzen.

Finanzen und Wirtschaft (Note: ++++)
Auf S. 7 plädieren die Linke für ein gerechtes Steuersystem und eine optimale Finanzierung des Gemeinwesens. Auf S. 20 beschäftigt sich die Linke mit dem Thema Finanzblase. Das Thema Wirtschaft ist wirklich beeindruckend (S. 4) : „Wir sind und werden nicht wie jene Parteien, die sich devot den Wünschen der Wirtschaftselite unterwerfen und gerade deshalb kaum noch voneinander unterscheidbar sind.“

Das Wort „Wirtschaften“ wird nur von der Linke gebraucht und das zeigt, dass das kollektive Wirtschaftsleben im Mittelpunkt steht. Im aktuellen Wirtschaftsleben bleiben Frauen Menschen zweiter Klasse (S. 17). Und genau gegen Diskriminierungen aller Arten will die Linke eine freie Gesellschaft ins Leben rufen.

Zusammenfassung:
Die Linke schneiden bei mir gut ab. Sie würden bei vielen Bürgern/innen auch gut abschneiden, nur, wenn die Bürger und Bürgerinnen Deutschlands nach vorne schauen wollten. Immer in der Vergangenheit nach Fehlern suchen, die von anderen gemacht wurden, die heute entweder anders denken oder die uns schon verlassen haben. Das zweite Dilemma mit der Linke ist, dass sie noch zu viel mit sich selber beschäftigt sind. Warum? Um nur unter sich zu bleiben? Die Linke wollen oft nicht auf der gleichen Wellenlänge mit der Mehrheit stehen. Das ist bei dem Grundsatzprogramm doch nicht Sinn in der Sache.

Die Ängste der Vergangenheit bezüglich unserer deutschen Geschichte dürfen niemals in Vergessenheit geraten, egal ob diese mit links- oder rechtsextremistischen Tendenzen zu tun haben. Würde sich die Linke mehr auf einer für alle zugänglichen und lockeren Atmosphäre konzentrieren, dann könnte sie, wie zum Beispiel Jean-Luc Mélanchon in Frankreich, mehr glänzen. Mit 32 Punkten und mit einer gesamten Note von 4,57 können die Linke sich gut sehen lassen, müssen aber noch ein bisschen lernen, wie sie besser bei den Bürger/innen richtig ankommen können.

Quelle: Die Linke Grundsatzprogramm

Ich hoffe sehr, dass dir diese Artikelreihe weiterhin gefällt. Deine Ideen und Anregungen zum Thema Politik und eine partizipative Gesellschaft sind gefragt. Schaue dir mal meine Aktionen an. Vielleicht bist du dabei. Und im letzten Teil ist das Sorgenkind dran. Ja genau, der Schulz-Flop: die SPD.

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