Wasser – Allgemeingut oder Handelsware?

I. „Wasser ist die Grundlage des menschlichen Lebens“.
Wasser ist nur begrenzt vorhanden und nicht vollständig erneuerbar.
Mensch, Flora sowie Fauna sind auf Wasser angewiesen. Der Mensch, z. B. benötigt zwischen einem und drei Litern pro Tag an Flüssigkeit, um die Körperfunktionen aufrechtzuerhalten.

Rund drei Viertel der Erdoberfläche ist mit Wasser bedeckt:

– 84 % Meere und Ozeane
– 15 % nicht transportierbares Grundwasser in unerreichbarer Tiefe
– 1 % des Wassers werden in den Wasservorkommen in Polareis, Flüssen, Grundwasser und der Atmosphäre zusammengefasst.

Nur ca. 0,03 % der Wasservorkommen stehen dem Menschen unmittelbar als frisches, d. h. Trinkwasser zur Verfügung.

Der Wasserverbrauch hat sich in den letzten 70 Jahren versechsfacht; er stieg damit doppelt so schnell wie die Weltbevölkerung. Klimaveränderungen und Umweltverschmutzung führen zusätzlich zur Verknappung des Elements.

Zurzeit hat ein Drittel der Menschheit keinen Zugang zu Trinkwasser. Tag für Tag sterben 6.000 Menschen infolge schmutzigen Wassers. Das sind 2,2 Millionen im Jahr. Nahezu eine halbe Milliarde Menschen leben in Ländern, in denen bereits Wasserknappheit herrscht.

Im Jahr 2050 wird mindestens ein Viertel der Weltbevölkerung mit einer chronischen oder immer wieder auftretenden Wasserknappheit leben müssen. Daher wird die Frage, wie Wasser zukünftig gerechter verteilt werden kann, zu einer der wichtigsten entwicklungspolitischen Probleme der nächsten Jahre sein.

Wasserbedarf weltweit in den verschiedenen Kontinenten (in km3)

Quelle: SEIFER, GSF

Wasserbedarf für die Erzeugung von Nahrungsmitteln


Quelle: http://www.unesco.org/water/wwap/facts_figures/food_supply.shtml

II. „Wasser – Allgemeingut oder Handelsware“

Wasser ist seit Menschengedenken ein Politikum. Um Wasser wurden und werden immer noch Kriege geführt. Der Zugang zum Wasser und seine gerechte Verteilung unterlag stets der gesellschaftlichen Regelung. In der Regel liegt die Verantwortung für die Wasserversorgung in öffentlichen Händen.

Um allen Menschen den Zugang zu (sauberem) Wasser zu ermöglichen, sind sicherlich Reformen im Bereich der Wasserversorgung notwendig. Hierüber sind sich Kritiker und Befürworter der Privatisierung von Wasserdienstleistungen zumindest einig.

Umstritten ist allerdings, in welche Richtung die Reformen gehen sollen:

– Institutionen wie die Weltbank setzen auf die Privatisierung der Wasserversorgung. Sie halten die Privatisierung für notwendig und führen Beispiele öffentlicher Unternehmen an, die ineffizient wirtschaften und in den Entwicklungsländern häufig nicht in der Lage sind, die Bevölkerung mit Wasser zu versorgen. Sie gehen davon aus, dass private Unternehmen effektiver arbeiten, über ein besseres Management verfügen und notwendige Investitionen zur Verbesserung der Infrastruktur in der Wasserversorgung aufbringen können.

– Die Kritiker der Privatisierung sind dagegen, dass Wasser zur Ware wird und dadurch der Wasserpreis sich an Angebot und Nachfrage und nicht an sozialen Bedingungen orientiert. Ihrer Meinung nach müssen die notwendigen Reformen im Wassersektor auf dem Menschenrecht auf Wasser basieren, die öffentliche Kontrolle der Wasserversorgung garantieren und das öffentliche Wasserversorgungssystem verbessern.

1) Wasser als Allgemeingut bzw. als Menschenrecht

„Das Wasser wird uns von der Natur zum Leben gegeben. Keiner hat das Recht, aus dem Eigentum an Wasser Profit zu machen oder damit Macht über andere Menschen auszuüben. Wir haben nur das Recht, es zu unserem Leben zu verwenden, und es anschließend der Natur (dem Boden zur Grundwasserneubildung) wieder umweltgerecht zurückzugeben. So entstehen kleine Wasserkreisläufe, keine flüssigen Abfälle, und es steht den kommenden Generationen wieder zur Verfügung.“

Wasser als eine Grundvoraussetzung für das Überleben ist grundsätzlich ein gemeinsames Gut. Die quantitativ ausreichende Versorgung der Bürger mit gesundheitlich unbedenklichem Wasser ist eine öffentliche Aufgabe der Daseinsvorsorge. Des Weiteren ist der Zugang zum Wasser mehr als nur ein Bedürfnis; es ist ein Menschenrecht.

Menschliche Bedürfnisse lassen sich leicht befriedigen, insbesondere wenn man Geld hat. Deshalb darf Wasser als lebenswichtige Ressource nicht zur Handelsware werden. (Niemand kann ein Menschenrecht verkaufen). Aus dem Verhältnis zu anderen Menschen-rechten wird der normative Geltungsanspruch des Menschenrechts auf Wasser nach Artikel 11 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale
und kulturelle Rechte hergeleitet. Dabei wird festgestellt, dass das Menschenrecht auf Wasser Voraussetzung für andere Menschenrechte – wie das Menschenrecht auf Leben, auf Eigentum etc. ist.

2) Wasser als Handelsware

Seit Anfang der neunziger Jahre privatisieren (privatwirtschaftliche Übernahme von öffentlichen Betrieben) und kommerzialisieren immer mehr Industrie- und Entwicklungsländer die Wasserversorgung.

Wasser wird hier als Wirtschaftsgut betrachtet und die Wasserversorgung den Marktgesetzen unterworfen. Die Konsequenz hieraus ist die Forderung nach Kostendeckung sowie die betriebliche Unabhängigkeit von staatlichen und politischen Einfluss.

Wo immer Wasserversorgung privatisiert wird, ist das Interesse insbesondere der großen transnationalen Konzerne (Global Players) groß. Das wachsende Engagement dieser Unternehmen schürt Befürchtungen vor einer Aushöhlung und Schwächung staatlicher und städtischer Institutionen.

Heute teilen sich etwa zwanzig Versorgungsunternehmen den globalen Markt. Befürworter der Privatisierung argumentieren mit den Schlagworten Effizienz, Management und Investition.

Nur Unternehmen könnten dank ihrer finanziellen Ressourcen die dringend notwendigen Investitionen durchführen – staatliche und kommunale Anbieter seien wegen maroder Haushalte damit überfordert. Außerdem würden Konzerne kostensparender und effizienter arbeiten als die öffentliche Hand und könnten Wasser daher zu günstigeren Preisen anbieten.

Dieser bekannte Marktmechanismus würde beim Wasser ebenso funktionieren wie bei anderen Wirtschaftsgütern.

III. Fazit

Ohne klare Linien wird dieses lebenswichtige Element fortwährend zwischen das Fangen der Politisierung, Kommerzialisierung und moralischem Anspruch hin und her gestoßen werden. Um Wasser als natürliche Lebensgrundlage zu schützen und allen Menschen den Zugang zu sauberem Trinkwasser zu garantieren, braucht es eine internationale Wasserkonvention.

Das Recht auf Wasser ist leider in der Allgemeinen Menschenrechtserklärung der UN nicht explizit erwähnt. Daher ist der Ruf nach verbindlichem Recht unerlässlich,

– „um das Recht auf Wasser für alle Menschen verbindlich festzuschreiben;

– um das Recht auf Wasser für kommende Generationen zu garantieren;

– um das Wasser als öffentliches Gut der Menschheit zu schützen;

– um die Garantierung des Rechts auf Wasser zur staatlichen Kernaufgabe zu erklären und die Nationalstaaten und ihre Behörde für die Achtung, den Schutz und die Verwirklichung des Rechts auf Wasser verantwortlich zu machen;

– um zu verhindern, dass Wasser privatisiert und zu einer Handelsware degradiert wird;

– um dem Menschenrecht auf Wasser Vorrang dem internationalen Handelsrecht zu verschaffen (z. B. WTO);

– um die Wasserquellen, das Grundwasser, die Flüsse und Seen unter den integralen Schutz des Völkerrechts zu stellen;

– um die Rechte der Frauen im Wasserbereich als Menschenrechte zu garantieren;

– um die lokalen und nationalen Wasserrechte indigener Völker das internationale Recht zu schützen;

– um die traditionelle Wasserkultur und lokale Wasserrechte (z. B. Nomaden) im nationalen Recht zu verankern;

– um sicherzustellen, dass die Bevölkerung bei der Erarbeitung von nationalen und lokalen Wasserstrategien demokratisch mitbestimmen und mitentscheiden kann;

– um allen Menschen auf internationaler wie nationaler Ebene wirksame  Rechts-mittel zur Verfügung zu stellen, um das Recht auf Wasser einzufordern“

(Wasser braucht den Schutz des Völkerrechts – Argumente für eine internationale Wasserkonvention von Rosmarie Bär).

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